„Die effizienteste und effektivste Methode, Informationen an und innerhalb eines Entwicklungsteams zu übermitteln ist im Gespräch von Angesicht zu Angesicht.“ So zumindest es ist unter den zwölf Prinzipien des Agilen Manifest beschrieben. Aufgrund der durch die aktuelle Situation bedingten Verlagerung der Teams ins Home Office müssen auch wir als Scrum Master und Agile Coaches unsere Moderationsmethoden anpassen. Die Prinzipien dahinter gelten natürlich genauso für eine Veranstaltung vor Ort, gewinnen jedoch durch die indirekte Kommunikation noch mehr an Bedeutung. Das Zeichnen von Flipcharts und Visualisieren der Meetings mit Klebezetteln und anschließendem Fotoprotokoll ist aktuell nicht machbar. Daher verbringen wir mehr Zeit mit der Planung von Meetings, bereiten Seiten in Confluence oder anderen Tools vor, zeichnen Bilder und stellen sie digitalisiert online und halten am Ende alles digital nach. Ich habe für mich selbst die Moderation in drei unterschiedliche Phasen unterteilt, die mir helfen, gut vorbereitet in ein Meeting zu gehen, es erfolgreich durchzuführen und durch Reflexion schrittweise zu verbessern.
Phase 1: Vorbereitung
Zunächst versende ich die Einladung, die ich je nach eingesetztem Tool gleich mit einem Link für die Teilnahme am Onlinemeeting versehe. Ein Tipp: keine vollen Uhrzeiten verwenden. Das erleichtert den Teilnehmern den Wechsel zwischen vor- und nachgelagerten Meetings. Zum Beispiel könnte der Workshop um 14:05 Uhr starten und um 15:25 Uhr enden. Dadurch hat jeder Zeit, sich gedanklich auf die nächste Besprechung einzustimmen, noch einen Kaffee zu holen, und alle haben die Möglichkeit, pünktlich zu erscheinen. Falls es sich nicht um Regeltermine wie ein Planning oder eine Retrospektive handelt, füge ich der Einladung immer eine Agenda hinzu, damit sich alle Teilnehmer auf den Termin vorbereiten können. Da Onlinemeetings uns geistig mehr anstrengen und die Konzentration fordern als wenn wir vor Ort zusammen in einem Raum sitzen, ist es umso wichtiger, ein gemeinsames Ziel zu definieren und darauf hinzuarbeiten. Es deshalb sinnvoll, im Vorfeld die Zielsetzung des Termins in einem prägnanten Satz zu formulieren und mit der Einladung zu versenden. Das hilft allen Beteiligten, sich im Termin zu fokussieren und auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Die meiste Zeit vor einem Termin benötige ich, um die grundlegende Struktur in dem Kollaborationstool, z. B. Confluence, festzuhalten. Ich schreibe sichtbar für alle unsere Meetingregeln zusammen und bereite das Gerüst für die spätere Visualisierung vor. Das können leere Tabellen sein oder gezeichnete Bilder, die man je nach verwendetem Tool mit virtuellen Klebezetteln versehen kann. Auch einzelne Bereiche für eine spätere Interaktion der Teilnehmer oder Break-Out-Sessions plane ich ein, um während des Meetings Zeit zu sparen.
Phase 2: Durchführung
Die Vorbereitung ist erledigt, das Meeting rückt näher. Jetzt heißt es tief durchatmen, ich stehe vorher noch einmal von meinem Schreibtisch auf, lockere mich für die kommenden 60 bis 90 Minuten Moderation und laufe ein paar Schritte auf und ab. Für den trockenen Mund steht ein Glas mit Wasser bereit. Ca. fünf Minuten vor Beginn wähle ich mich in die Videokonferenz ein. Den Termin beginne ich pünktlich mit einer Begrüßung und dann geht es direkt los.
Der Start ist immer gleich: wir gehen gemeinsam unsere Meetingregeln durch und bei einem kurzem Opener steigt jeder Teilnehmer aktiv in das Meeting mit ein. Wie bei Offlinemeetings auch, hilft der Opener dabei, ein gutes Gesprächsklima zu schaffen. Da das Malen von Gesichtern auf eine Mandarine in einer Videokonferenz schwieriger ist, sollte man sich auf weniger umfangreiche Opener beschränken. Das können Klassiker, wie das letzte Mittagessen oder ein einfaches Stimmungsbild, sein.
Während des Meetings achte ich darauf, dass nicht alle durcheinanderreden. Am besten funktioniert das bei uns, wenn Teilnehmer sich mit einer Wortmeldung durch ein „+“ im Chat bemerkbar machen, ähnlich wie eine Wortmeldung früher in der Schule. Es entsteht kein Durcheinander und jeder kommt zu Wort. Wichtige Punkte werden von mir auf unserer Confluence-Seite festgehalten, um später nochmals einen Blick auf den Inhalt des Termins werfen zu können. Und damit die Konzentration immer auf einem hohen Niveau bleibt, pausieren wir unsere Meetings ca. alle 45 Minuten – gerne mit einem gemeinsamen Stretching vor der Kamera. Das klingt nicht nur lustig, sondern ist es auch und macht eine Menge Spaß. Das Meeting beende ich in der Regel mit einer Feedbackrunde und frage die Teilnehmer, was diesmal gut funktioniert hat und was wir für das nächste Mal verbessern können.
Phase 3: Nachbereitung
Nach dem Meeting nehme ich mir etwas Zeit, um das Protokoll noch einmal durchzugehen, fehlende Punkte zu verbessern und eventuelle Fehler zu beseitigen. Das Feedback der Teilnehmer nutze ich für meine persönliche Reflexion und mache mir Notizen für die nächste Videokonferenz. Somit kann ich unsere Remote Sessions und auch meine eigene Moderation nach und nach verbessern.
Fazit
Wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, hatte ich am Anfang große Zweifel, dass es wirklich funktioniert, alle unsere Meetings remote durchzuführen. Jetzt bin ich jedes Mal erstaunt, wie gut es klappt. Es stimmt, wir mussten alle erst lernen, dass wir uns nicht vor Ort treffen und für die nächsten Wochen und Monate nur Videotools benutzen können. Aber wir sind agil, wir passen uns den Umständen an, lernen aus unseren Fehlern und werden von Mal zu Mal besser.