Damit online durchgeführte Retrospektiven reibungslos ablaufen, ist es wichtig, dass wir uns mit unseren Teams Regeln überlegen und uns auch strikt an diese halten. Die folgende Liste zeigt exemplarisch eine Liste, die ich aus der Arbeit mit meinen Teams empfehlen kann.
- Alle Teilnehmer treffen fünf Minuten vor dem eigentlichen Start ein
- Wir schalten die Kameras ein
- Das Mikrofon ist auf stumm geschaltet, wenn wir nicht reden
- Wir bemühen uns, langsam und deutlich zu sprechen
- Eine Retro dauert nicht länger als 90 Minuten und wird pünktlich beendet
- Nach 45 Minuten machen wir eine Pause von fünf Minuten
- Wortmeldungen werden vorher durch ein Signal im Chat angekündigt
Allerdings möchte ich an dieser Stelle betonen, dass diese Regeln nicht als Blaupause für alle Teams gelten sollten, sondern eher zu eigenen Ideen anregen. Jedes Team agiert eigenständig und setzt sich durch unterschiedliche Menschen mit anderen Bedürfnissen und Verhaltensweisen zusammen. Regeln müssen im Team erstellt werden, damit sie auch von allen Beteiligten getragen und akzeptiert werden.
Die verschiedenen Tools, die man für eine Remote Retro nutzen kann, unterscheiden sich nicht nur im Umfang der Möglichkeiten. Im ersten der beiden folgenden Abschnitte gehe ich zunächst auf die kostenfreien Programme ein, gefolgt von den kostenpflichtigen im zweiten Abschnitt.
Kostenfreie Tools
Ideaboardz (ideaboardz.com) existiert schon relativ lange und ist im Prinzip eine virtuelle Darstellung eines Boards, auf dem man die Möglichkeit hat, Klebezettel anzubringen. Die Auswahl der Darstellungen ist begrenzt auf wenige unterschiedliche Möglichkeiten, z.B. Pros & Cons, Fishbone oder eine Spaltendarstellung. Nichtsdestotrotz kann man damit sehr schnell innerhalb von wenigen Klicks eine Retro vorbereiten. Vor allem wenn es einmal schnell gehen muss, hat mich Ideaboardz in der Vergangenheit noch nie im Stich gelassen. Die Möglichkeit, verschiedene Klebezettel später zu einem zusammenzufügen ist ein nettes Add-On, bei mehr als drei auf einmal wird es aber sehr schnell unübersichtlich.
Scrumlr (scrumlr.io) ist ähnlich aufgebaut wie Ideaboardz, kann aber durch ein paar mehr Retro-Alternativen überzeugen. Die Darstellung ist etwas größer und man wird durch unterschiedliche Phasen wie Write, Vote und Discuss geleitet. Fertiggestellte Karten können als Done markiert werden.
Miro (miro.com) ist mehr ein Kollaborationstool als eine Website für Retrospektiven und hat somit einen viel größeren Einsatzbereich. Man kann damit ebenso Workflows darstellen sowie die unterschiedlichsten Meetings visualisieren. Unter den kostenfreien Tools ist es eines meiner persönlichen Favoriten.
Kostenpflichtige Tools
Confluence (atlassian.com) gehört zur Gruppe von Atlassian Tools und ist als Wiki-Plattform und Kollaborationswerkzeug in agilen Projekten weit verbreitet. Wenige kennen allerdings die Möglichkeit, dass hier mehrere Personen gleichzeitig eine Seite bearbeiten können und durch Einbindung von unterschiedlichen Makros auch Abstimmungen etc. durchführen können. Dadurch, dass man Bilder, Videos und andere Dateien einzubinden kann, ist die Fülle an Möglichkeiten nahezu unendlich. Allerdings leidet bei gleichzeitiger Bearbeitung einer Seite von etwa mehr als 5 Personen die Übersichtlichkeit und Performance. Nicht selten kommt es dabei vor, dass man aus Versehen die Eingaben eines Teamkollegen direkt überschreibt. Hier ist also etwas Disziplin gefordert.
Retrium (retrium.com) ist ein hervorragendes Werkzeug für Retrospektiven, allerdings ist es mit 29 US Dollar pro Monat und pro Team nicht das Kostengünstigste auf dem Markt. Dafür überzeugt es mit einer Vielzahl an Methoden und Aktionsplänen für eine nachhaltige Verfolgung. Für erfahrene Moderatoren gibt es zudem die Möglichkeit, eigene Formate zu erstellen.
Echometer (echometer.de) darf in meiner Liste auf keinen Fall fehlen. Entwickelt wurde das Tool von einem deutschen Start-Up, das sehr großen Wert auf die psychologischen Aspekte einer Retrospektive legt. Man hat die Möglichkeit sogenannte Ice-Breaker oder Check-Ins durchzuführen und wird durch im Vorfeld eingegebene Fragen durch die Retro geführt. Für erfahrene Scrum Master fehlt an manchen Stellen vielleicht die Freiheit, die Retrium bietet, allerdings haben die mit Echometer erstellten Retros Hand und Fuß und machen den Teams meiner Erfahrung nach sehr viel Spaß.
Wie gut die einzelnen Tools auch sind, ohne eine gute Vorbereitung ist jede Retrospektive, egal ob on- oder offline durchgeführt, nichts wert. Sie bieten uns die Möglichkeit, das Beste aus der aktuellen Situation zu ziehen, aber von alleine nutzbar sind sie nicht. Man muss genügend Zeit für eine Vorbereitung einplanen. Noch ein kleiner Tipp zum Schluss: sammelt Feedback! Nur so werden auch die Remote Retros immer besser.
Erfahrt im letzten Teil der Blogreihe "das A und O bei der Moderation von Onlinemeetings" mehr darüber, was bei der Durchführung und Moderation von virtuellen Meetings wichtig ist.