Als Agile Coaches unterstützen wir unsere Kunden bei der agilen Transition. Wir versuchen unter anderem die Arbeitsweise und das Mindset der Mitarbeiter unserer Kunden nachhaltig zu verändern, die direkte Zusammenarbeit mit den Stakeholdern zu erhöhen, Feedbackschleifen einzuführen und vor allem Eigenverantwortung und Selbstorganisation zu ermöglichen. Dabei ist enger Kontakt mit den Kollegen, Teams und Führungskräften ein essenzieller Bestandteil. Doch Anfang März 2020 machte uns Corona einen Strich durch die Rechnung und wir waren gezwungen aus dem Home Office zu arbeiten. Wie sollen wir von zu Hause effektiv und nachhaltig coachen? Wie können wir die Teams unterstützen, die agilen Werte zu verinnerlichen und eng mit dem Kunden zusammenzuarbeiten, wenn wir nicht gemeinsam in einem Raum sind? Und das noch mit einem eingeschränkten Toolset – Klebezettel, Flipcharts und physische Boards in meinem Büro zu Hause helfen den Teams wenig weiter. Aber soll ich ehrlich sein? Ich bin fasziniert, wie gut das alles funktioniert – ein bisschen Disziplin vorausgesetzt. In diesem und folgenden Blogbeiträgen möchte ich versuchen, ein wenig aus dem Nähkästchen zu plaudern, und zeigen, wie wir diese Situation bewältigen konnten und was mir als Coach und vor allem UNS dabei geholfen hat.
Beginnen möchte ich diese Reihe mit meiner täglichen Routine und dem „aktuell normalen“ Arbeitsablauf. Mein Arbeitstag beginnt pünktlich und routiniert um 8:00 Uhr morgens. Das ist in der Regel eine Stunde bis zum ersten Termin. Die Zeit nutze ich, um bei einer ersten Tasse Kaffee meinen Tag zu planen. Dafür bediene ich mich der Bullet Journal Methode von Ryder Carroll (mehr unter bulletjournal.com). Ich notiere mir meine Termine, schreibe neue Tasks für den Tag auf und übernehme diejenigen vom Vortag, die ich nicht geschafft habe. Dass das Ganze priorisiert ist, versteht sich für einen Agilisten von selbst. Die restliche Zeit nutze ich, um durch meine ersten E-Mails zu schauen, Unnötiges auszusortieren und neue Aufgaben in mein Backlog einzuplanen.
Der erste Termin ist für gewöhnlich das Daily mit meinem Team. Über ein Videokonferenztool wähle ich mich pünktlich um 9:00 Uhr ein und vergesse hoffentlich nicht, die Videokamera einzuschalten. Wie wir gelernt haben, ist es enorm wichtig, dass unsere Gegenüber uns nicht nur hören, sondern auch sehen können. Nach 15 Minuten für die wichtigste Abstimmung des Tages beginnt dann der eigentliche Meetingmarathon. In der Regel sind es sechs bis acht Stunden jeden Tag, die ich mit der Moderation oder aktiven Teilnahme an Communities of Practice, Retrospektiven oder auch Abstimmungen mit mehr als 50 Personen verbringe – und das alles virtuell. Wie das ergebnisorientiert funktioniert, welche Regeln wir hierfür als sinnvoll erachten und welche Tools uns helfen, werde ich in den nächsten Beiträgen genauer unter die Lupe nehmen.
Genauso wie in den Teams vor Ort, hat es sich auch im Home Office als hilfreich herausgestellt, im Kalender einen Blocker für eine Mittagspause einzuplanen. Eine Unterzuckerung ist auch zu Hause nicht gut für die Arbeit und die Kaffeetasse sollte ebenfalls zwischendurch gefüllt werden können. Mit der Zeit fehlte aber der Plausch mit den Kollegen an der Kaffeemaschine im Büro. Unsere Idee war einfach: ein neuer Termin mit dem Titel „Virtueller Kaffeeplausch“ den wir mittlerweile in verschieden Runden pflegen. Selbst wenn es nur ca. 15 Minuten am Tag sind, tut es wahnsinnig gut, sich einmal frei und ohne Inhalte auszutauschen, zu plaudern und mit der vollen Tasse Kaffee per Video anzustoßen.
Etwa eine halbe Stunde vor Feierabend nehme ich wieder mein Bullet Journal zur Hand, schaue, welche Aufgaben ich am heutigen Tage nicht geschafft habe und markiere sie für den nächsten Tag. Meine Notizen, die ich mir während der einzelnen Gespräche und Meetings darin gemacht habe, lese ich nochmals durch und versuche den Tag zu reflektieren. Dabei stelle ich mir unter anderem Fragen, ob es Dinge oder Situationen gab, die heute nicht sonderlich gut gelaufen sind und die ich verbessern kann oder wie ich meinen Remote-Arbeitstag weiter optimieren kann. Ideen dafür nehme ich in meinem Journal auf, damit ich sie für den morgigen Tag nicht vergesse, wenn ich mich erneut mit einer frischen Tasse Kaffee auf einen ereignisreichen Tag vorbereite.
Weiter geht es in Teil 2 mit nützlichen Kommunikationstools für agile Teams.